Turm des Monats

In der Rubrik "Turm des Monats" finden die Besucher der Turm Rietberg-Seiten Anregungen rund ums Thema Schach: Das können lohnende Bücher und Trainings-DVDs sein, aber auch interessante Internet-Seiten oder Hinweise auf spannende Turniere. Die Tipps erheben keinen Anspruch auf Vollstandigkeit und wollen das Rad (bzw. das Schachquadrat) nicht neu erfinden, sondern Anstöße und Anreize geben. Jedes Vereinsmitglied ist außerdem eingeladen, die "Türme" zu kommentieren und (an den Vereinsabenden oder per Mail) eigene » einzusenden.

Schach zum Schmökern

Urlaubszeit ist Lesezeit! Die Sommerferien nahen, und der „Turm des Monats“ gibt Literatur-Tipps.

Neinneinnein, jetzt kommen keine Hinweise auf trockene Varianten-Wälzer oder endlose Taktik-Tests, sondern auf richtig gute Belletristik. Denn auch auf diesem Gebiet ist für den Lektüre-affinen Schachfreund (bzw. Schach-affinen Bücherwurm) eine Menge zu finden.

Stefan Zweig: DIE SCHACHNOVELLE (1942)
Das Buch sollte man gelesen haben. Erstens wird man als Schachspieler – wenn das Gespräch irgendwie auf Literatur kommt – mit großer Sicherheit drauf angesprochen. Und zweitens bis fünftens ist es einfach grandios!
Inhalt in Kürze: Der Österreicher Dr. B. war einst als Gefangener der Nationalsozialisten allein in einem Hotelzimmer eingesperrt. Um sich in der Einzelhaft zu beschäftigen, spielte er „blind“ die Partien aus einem Schachbuch nach. Doch die einseitige geistige Beanspruchung griff seine Psyche schwer an, und er ließ vom Schach ab. In der Gegenwart der Handlung lässt sich Emigrant B. – nun auf einem Passagierschiff in Richtung Argentinien unterwegs – zu einer Partie gegen den Schachweltmeister Czentovic überreden. Er gewinnt sensationell – doch das Schachspiel reißt alte Wunden auf.
Zweig ist auf jeder der rund 100 Seiten ein brillanter Erzähler. Und obwohl er weder ein guter Spieler war, noch ein ausgewiesener Kenner der Szene, gelingt es ihm in der „Schachnovelle“, die Psychologie des Schachs und die spielenden Charaktere realitätsnah und spannend zugleich darzustellen. Hier wird Schach nicht als magisch-übersinnliche Phantasterei verklärt, sondern bleibt… Schach!

David Edmonds/John Eidinow: WIE BOBBY FISCHER DEN KALTEN KRIEG GEWANN. Die ungewöhnlichste Schachpartie aller Zeiten (2004, dts. 2007)
Der Klappentext des gut 400-seitigen Buches trifft es tatsächlich am besten: Es ist „gut recherchiert und kriminalistisch aufbereitet“. Soll heißen: viele Fakten mit einer Prise Fiktion und Spekulation. Detailliert beleuchten die beiden preisgekrönten BBC-Journalisten in erster Linie den WM-Wettkampf des Jahrhunderts zwischen Titelverteidiger Boris Spasski und Herausforderer Bobby Fischer 1972 in Reykjavik: die Qualifikationsturniere, die Strippenzieher im Hintergrund, das politische Drumherum in den Zeiten der Ost-West-Spaltung – und immer wieder Fischers ausufernde Spleens und Bockigkeiten. Doch Edmonds und Eidinow graben auch in den Akten des FBI und präsentieren Biografisches aus Fischers zerrütteter familiärer Vergangenheit: etwa die obskure Rolle seiner alleinerziehenden Mutter oder die ungeklärte Frage nach Fischers biologischem Vater.
Ein absolut fesselndes Buch über eine der brillantesten, schillerndsten und grenzwahnsinnigsten Personen der Schachgeschichte.

Robert Löhr: DER SCHACHAUTOMAT. Roman um den brillantesten Betrug des 18. Jahrhunderts (2007)
Weiter in die Geschichte taucht dieses Buch ein. Aber auch ihm liegen historische Fakten zugrunde. Hofrat Wolfgang von Kempelen präsentiert 1770 am habsburgischen Hof einen (vermeintlichen) Automaten, der Schach spielen kann, und sorgt damit in ganz Europa für immenses Aufsehen. Doch in Wahriet steckt hinter der mechanischen Figur eines osmanischen Mannes ein zwergwüchsiger Schachspieler, der im Inneren der Maschine versteckt ist (daher auch die Redewendung, eine Sache sei „getürkt“). Ehrgeiz, Ruhmsucht und die Liebe lassen die perfekt erscheinende Fassade allmählich rissig werden.
Ein packender Historischer Roman um eine legendäre List, die auch im Zeitalter von Schachbetrug mit Smartphones & Co. ihren Reiz hat – und die ganz nebenbei dem Schachtürken-Cup in Paderborn ihren Namen gibt, denn im dortigen Heinz-Nixdorf-Museumsforum steht eine Nachbildung des „Automaten“.

Alle Bücher sind in kostengünstigen Taschenbuchausgaben im stationären wie im digitalen Buchhandel erhältlich.

(S.B.)

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